„Student’s iPods can have a double life: one for entertainment and one for learning.“ (Salmon & Edirisingha, 2008, S. 11)
Dass Podcasts einen hohen Unterhaltungswert haben, ist unbestritten. An vielen Schulen und Hochschulen werden Podcasts aber auch im Rahmen der Lehre eingesetzt – ein Thema, dem wir uns heute im Seminar „Internationalisierung und neue Medien“ widmeten.
Schüler sind, anders als Studenten, noch nicht allzu vertraut mit dem Einsatz digitaler Medien in Lernkontexten – Unterricht findet meist frontal statt, ab und zu aufgelockert durch ein Unterrichtsvideo. Podcast-Einsatz in der Schule mutet deshalb vielen recht exotisch an. Und das, obwohl die Einsatzmöglichkeiten vielfältig sind: Schüler können beispielsweise ihre Hausaufgaben sprechen, statt sie zu schreiben – ein wichtiger Aspekt insbesondere beim Sprachenlernen, bei dem die Übung von Aussprache und freiem Sprechen Kernelemente des Lernprozesses darstellen. Auch Hörverstehensaufgaben können mittels Podcasts stärker in die Hausaufgaben integriert werden. Der Vorteil: jeder lernt in seinem eigenen Tempo, und auch lernschwache Schüler kommen auf ihre Kosten. Vorlese-Podcasts, gesprochene Projektberichte und der sprachliche Austausch mit Partnerschülern im Ausland via kollaborativem Podcast sind weitere Beispiele dafür, dass Podcasts den Schulunterricht durchaus bereichern können.
Fortgeschrittener ist demgegenüber der Einsatz von Podcasts in der Hochschulbildung. Bereits seit einigen Jahren gibt es, vorrangig in den USA, Bestrebungen der Verbreitung akademischer Inhalte via Podcast. Als Wegbereiter dieses Trends gilt iTunes U, die universitäre Plattform des Musikverwaltungsprogramms iTunes. Doch der Trend ist in Deutschland noch nicht wirklich angekommen: Während in den USA fast jede Hochschule ihre Inhalte ins Netz stellt, haben viele deutsche Hochschulen noch „Insellösungen“ in Form von Einzelpodcasts, die an Fachbereiche oder Personen gebunden sind oder rein aus studentischem Engagement entstehen.
Die Einsatzmöglichkeiten von Podcasts im Hochschulkontext sind ähnlich derer in der Schule. Die gängigste Lösung ist die Bereitstellung von Vorlesungsmitschnitten per Audio oder Video: Studierende können damit verpasste Sitzungen zu Hause nachholen und die vermittelten Inhalte eigeninitiativ vertiefen. Der Aufwand für Lehrende ist vergleichsweise gering, der Nutzen hoch – besonders zur Vorbereitung auf Prüfungen, so die Erfahrungen vieler Hochschulen, sind die Mitschnitte ein beliebtes Lernmittel. Eine aufwändigere Variante sind die so genannten „Profcasts“, bei denen Lehrende eigene Audio-Inhalte für ihre Veranstaltung oder allgemein für ihr Fach erstellen. Inhalte können neben Hintergrundinformationen, Praxisbeispielen und Aufgabenlösungen auch Buchrezensionen, Experteninterviews oder Erfahrungsberichte sein – die Themenwahl hängt stark vom Engagement des Produzierenden ab. Wichtig ist hierbei das didaktische Design: Länge, Struktur, sprachliche Aufbereitung und Themenwahl sollten stets auf die Rezeptionsgewohnheiten der Hörer ausgerichtet sein, um einen Lerneffekt zu erzielen.
Auch an Hochschulen können Studierende selbst zu Produzenten werden. Ähnlich wie an Schulen reichen die Möglichkeiten von der Vertonung von Kursinhalten und –leistungen bis hin zu erzählten Forschungsberichten, Buchrezensionen und studentischen Diskussionsrunden zu verschiedenen Themen. Via Podcast können auch studentische Vorträge ins E-Learning verlagert werden: Die Vortragenden stellen ihren Vortrag vorab im Internet bereit, so dass die Präsenzsitzungen für Feedback und Diskussionen zur Verfügung stehen. In jedem Fall muss aber geprüft werden, ob der Einsatz von Podcasts didaktisch sinnvoll ist und ggf. mit anderen Lehrmaterialien kombiniert werden sollte – allgemein gilt die Grundregel: Podcasts können reguläre Lehre nur ergänzen, nicht aber ersetzen.
Weshalb eignet sich das Format Podcast für einen Einsatz im Bildungskontext?
Faktor 1: Lebensnähe
Zunächst vermitteln Podcasts, und das ist die psychologische Komponente des Lernens entscheidend, Lebensnähe: Mit dem gesprochenen Wort werden Emotionen vermittelt, die eine Nähe zum Sprecher aufbauen. Anders als beim Lernen mit Text fällt durch einen persönlichen Bezug das Lernen leichter – insbesondere dann, wenn unterhaltende Elemente die formalen Lerninhalte auflockern.
Faktor 2: Flexibilität
Ein weiterer Faktor ist die Flexibilität von Podcasts: der Lernende ist in der Aufnahme der Inhalte zeitlich und räumlich unabhängig und kann so seinen Lernprozess selbst organisieren. Ebenso lässt sich die Rezeption von Podcasts durch wiederholen, unterbrechen etc. an das eigene Lerntempo anpassen. Die Aktualität der Inhalte und die Möglichkeit der Kombination mit ergänzendem didaktischem Material machen ebenso einen flexiblen Einsatz möglich.
Faktor 3: Motivation
Podcasts können die Motivation zum Lernen erhöhen: Personalisierte Inhalte oder erzählte Geschichten sind meist spannender als ein geschriebener Text. Zudem besteht die Möglichkeit, selbst aktiv an der Podcast-Produktion teilzunehmen – nach der Devise „Mitmachen statt Zuhören“. Auf diese Weise ist eine aktive Teilhabe am Lehr-/Lernprozess möglich, die quasi nebenbei auch noch einen umfassenden Kompetenzerwerb auf medialer und didaktischer Ebene mit sich bringt.
Faktor 4: Einfachheit
Der Einsatz von Podcasts in Lehre und Lernen zeichnet sich durch eine Einfachheit auf vielen Ebenen aus. Produktion und Rezeption von Podcasts sind kostenlos, da alle erforderlichen Tools frei verfügbar sind. Auch bestehen auf Rezipientenseite keine technischen Barrieren: die Nutzung von Audio-Inhalten ist zumeist ohnehin Teil des Alltags. Zudem ist die Erstellung von Podcasts einfach und erfordert auf Seiten des Produzenten vergleichsweise wenig Technikkompetenz.
Faktor 5: Akzeptanz
Der Einsatz von Podcasts in der Bildung gründet sich auch auf der Annahme, dass unter Lernenden generell eine hohe Akzeptanz für das Lernmedium besteht. Die Nutzungs- und Wahrnehmungsgewohnheiten junger Menschen sind auf mediale Inhalte – seien es Musik, Web-Content, Videos – ausgelegt, und so können die Routinen aus dem Alltag für den Lernprozess nutzbar gemacht werden. Im Idealfall entstehen auf diese Weise sogar positive Synergie-Effekte zwischen Unterhaltungs- und Lernmedium.
Faktor 6: Nutzungsbreite
Ein letzter, wichtiger Faktor von Bildungspodcasts ist deren mögliche Nutzungsbreite. Durch die Verbreitung via Internet können schulische oder akademische Inhalte weltweit abgerufen werden – ein Aspekt, der in Zeiten von Bologna und dem Ruf nach einer Internationalisierung der Hochschulen besonders im akademischen Kontext von Bedeutung ist. Die Verbreitung universitären Wissens unterstützt außerdem eine Öffnung der Hochschulen, die sonst zumeist als in sich geschlossene Einheit und damit als „Elfenbeinturm“ wahrgenommen werden. Somit sind universitäre Podcasts ein wichtiges Instrument des Hochschul-Marketing: Für Schüler und Studieninteressierte im In- und Ausland wird die jeweilige Hochschule attraktiver, da sie vorab Einblicke in die universitären Inhalte bekommen. Auch hochschulferne Gruppen, z.B. Eltern, gelangen via Podcast schnell und einfach an relevante Informationen. Eine Hochschule, die den Einsatz von digitalen Medien in Lehren und Lernen fördert und akademische Inhalte via Podcast einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht, zeigt nicht zuletzt, dass sie die Anforderungen des Medienzeitalters aktiv umsetzt.
Quelle:
Salmon, G. & Edirisingha, P.(2008): Podcasting for Learning in Universities. Maidenhead: Open University Press